Pläne sind nur dazu da, um über Bord geworfen zu werden!
Wie der Reiseführer Köln Bonn & Umgebung mit Kindern enstanden ist
In ihrem neuen Buch Köln Bonn & Umgebung mit Kindern bereist Autorin Ingrid Retterath ihre Heimatregion im Rheinland. Immer dabei: Ihre strenge Jury bestehend aus ihren drei Töchtern Nele, Cari und Aurelia. Wie ein typischer Recherchetag aussieht und was ihre liebste Kölsche Weisheit ist, verrät sie ganz nahbar im Interview.
Ingrid, was macht die Region Köln Bonn & Umgebung für Dich aus?
Für mich ist diese Region Heimat. Ich bin mit Blick auf den Kölner Dom aufgewachsen, habe schon als Kind Radtouren den Rhein hinauf und die Erft hinunter unternommen. In Bonn und Köln habe ich studiert und daraufhin lange in Köln gearbeitet. In beiden Städten kenne ich mich ohne Liniennetzplan oder Navi aus. Trotzdem gibt es bei jeder Recherche immer wieder Neues zu entdecken.
Gern habe ich die rheinischen Lebensphilosophie: „Jeck loss Jecke elans!“ sagen die Kölner und Bonner. Das heißt so viel wie: „Narr, lass die Narren vorbei!“ und drückt die Toleranz gegenüber allen Mitmenschen aus. Weil wir alle auf die eine oder andere Art jeck sind, akzeptieren wir auch die Jeckheiten der anderen.
Wie sieht ein typischer Recherchetag mit Deinen Kindern aus?
An einem typischen Recherchetag haben die Kinder schon am Vorabend Kleidung herausgesucht, die zum Wetter passt. Kameras, Notizblock, Stift, Reservestift, Tickets, etc. liegen bereit, dazu ein Rucksack mit Proviant für unterwegs.
Am eigentlichen Recherchetag wird dann etwas ganz anderes angezogen, als herausgelegt wurde. Immer. Warum? Ich weiß es nicht und die Kinder haben auch keine Erklärung dafür!Auf dem Weg zum ersten Ausflugsziel erzähle ich den Kindern alles, was ich noch vom letzten Besuch weiß. Bei Zielen, die ich selbst nicht kenne, gebe ich meinen Eindruck von der Homepage wieder und berichte aus vorausgegangenen Telefonaten und eMails. Wir versuchen immer, eine Mischung aus Recherchezielen drinnen und draußen zu planen.
Nachdem wir unsere Ziele des Tages besucht haben, ist es nicht nur wichtig, zu prüfen, was ins Buch kommt, sondern eben auch, was nicht aufgenommen werden kann. Das liegt zum Beispiel an Schließungen, aber es muss uns natürlich auch allen gefallen. Auf dem Heimweg z.B. in der Bahn nach Hause, schlafen alle drei meist sofort ein.
So liegt ein erfolgreicher Tag hinter uns!
Das hört sich nach wundervollen Erlebnissen an! Was ist Dir am meisten in Erinnerung geblieben?
Für mich war einer der besten Recherchetage bei einer Schifffahrt nach Königswinter mit Besuch von Schloss Drachenburg und Burg Drachenfels. Hinauf geht es auf dem Eselspfad, auf längeren Wanderwegen und mit der Zahnradbahn.
Würden meine Recherchekinder gefragt, würden unter Garantie genannt: Die Waldau in Bonn, der Escape Room „Die magische Bibliothek“ in Köln, das Freibad in Elsdorf, das Junge Theater in Beuel, die Naturzeit-Nachtwanderung im Grüngürtel, die riesigen Bagger beim Tagebau in Elsdorf und der Wassererlebnispark an der Gymnicher Mühle.
Mir hingegen am wirklich schönsten in Erinnerung geblieben ist ein Tag im Kölner Rheinauhafen:
Wir wollten eigentlich „nur“ ins Schokoladenmuseum. Aber wie das so ist, wenn man mit Kindern unterwegs ist, kommt es ganz anders. Schon beim Aussteigen aus der Bahn rief Aurelia: „Mama, du magst doch gerne Senf. Lass uns nochmal ins Senfmuseum gehen!“. Gesagt, getan.
Eine Riesenradfahrt wurde auch eingeschoben. Danach ging es tatsächlich zum Schokoladenmuseum – aber nach dem Besuch dort nicht nach Hause, sondern nebenan ins Sport- und Olympiamuseum. Nele meinte nämlich: „Letztes Mal konnten wir auf dem Museumsdach gar nicht Fußball spielen, weil es zu windig war. Das machen wir heute!“. Weil es ein wirklich heißer Tag war, gingen wir an den Kranhäusern vorbei zum Heinrich-Böll-Platz. Eine willkommene Abkühlung gab es beim Toben in den Wasserfontänen.
Und zum Schluss: Was ist Deine liebste Kölsche Weisheit und warum?
Ich mag alle Kölschen Weisheiten gerne, denn sie decken nahezu alle Lebenssituationen gut ab. Seit ich Kinder habe, bestimmt „Et kütt, wie et kütt!“ mein Leben. Mir auszumalen, wie es werden wird, lohnt sich nicht so richtig, weil das meiste gar nicht so eintrifft, wie ich es mir erhofft oder befürchtet habe. Pläne sind nur dazu da, um über Bord geworfen zu werden! Es wird improvisiert und alles so genommen, wie es kommt. Ohne Wertung.
Denn dann schaue ich drauf und denke mir: „Et is, wie et is!“ – und bin schon bei der nächsten Kölschen Weisheit. Das ist quasi die Kölsche Form einer Achtsamkeitsübung.
Köln Bonn mit Kindern - Abenteuerlich. Jeck. Nachhaltig.
von Ingrid Retterath
Neuauflage 2023, 224 Seiten, Paperback (17,2 x 12 cm),
57 Fotos, 52 Tier-Cartoons, Karten,
Klimaneutraler, veganer und erdölfreier Druck in Deutschland auf 100 % Recyclingpapier. Ausgezeichnet mit Blauem Engel.
Die Kapitel:
- Köln : Wasser, Natur & Sport
- Köln: Technik & Kultur
- Bonn
- Ausflüge bei Köln
- Ausflüge bei Bonn
- Karten & Register