Ohne Sorge nach Sorge!
Sprachliche und andere Entdeckungen im Harz
Warum das 83-Einwohner-Dorf im Oberharz am Brocken „Sorge“ heißt und sein Nachbar „Elend“, ist kurios und (sprach-)historisch aufschlussreich. Im 30. Jahr der deutschen Einheit zudem höchst aktuell. Kirsten Wagner, Autorin von Harz mit Kindern erklärt Euch hier warum.
Das Elend mit Sorge
Sorge? Der Ortsname leitet sich von Zarge = Grenze ab. Hier verlief nämlich im 15. Jahrhundert die Grenze der Besitzungen des Klosters Walkenried, später die Grenze zwischen Braunschweig und Preußen. 1952 – 1990 lag Sorge wieder an einer Grenze:
Nachdem 1949 die zwei deutsche Staaten Deutsche Demokratische Republik (DDR) und die Bundesrepublik Deutschland gegründet worden waren, errichtete die DDR ab 1952 einen »antifaschistischen Schutzwall« entlang der innerdeutschen Grenze. Er wurde mittels Zäunen, Überwachungstürmen, Alarmvorrichtungen und Minenfeldern gesichert.
Das Harzdorf Sorge lag nur 2 km von der deutsch-deutschen Grenze im sogenannten Sperrbereich. Hier lebten die Dorfbewohner extrem abgeschieden, keiner durfte sie besuchen kommen, sie selbst brauchten einen Passierschein, um ins Landesinnere der DDR fahren zu dürfen. Schlagzeilen machte Sorge 1979 als der Fluchtversuch zweier Jugendlicher scheiterte: Der eine wurde inhaftiert, der andere starb an seinen Schussverletzungen noch vor Ort.
Damit die Erinnerung an diese Zeit der deutschen Geschichte nicht verschwindet, wurde ein Teil der ehemaligen Grenze bei Sorge (Sachsen-Anhalt) als Freilichtdenkmal im Originalzustand belassen. Teile der Grenzzäune, ein Beobachtungsturm oder eine Gewässersperre zeugen im Grenzmuseum von der Unmenschlichkeit dieser Grenze.
Eine Doku von Kirsten zu den Regionabuchtagen
Wollt Ihr mehr zum Harz, zu Sorge und dem Grenzmuseum erfahren? Dann schaut Euch meine kurze Doku auf Youtube an, die ich anlässlich der #regionalbuchtage 2020 mit meinem Sohn Lukas zusammen gedreht habe. Ich zeige Euch den Todesstreifen, der heute als Grünes Band der Natur dient, und Ihr lernt Inge Winkel kennen, die das Grenzmuseum betreut. Gefördert wurde der Film anlässlich 30 Jahre deutsche Einheit finanziell vom Bundesministerium für Inneres, Bau und Heimat sowie vom Börsenverein des deutschen Buchhandels, wo der Verlag in der Gruppe IG Regionalia aktiv ist.
Der Harz ist eine Reise wert – mit Kindern allemal!
Unser nördlichstes Mittelgebirge hat in den letzten Jahren kräftig in ein modernes Angebot für Touristen investiert. So findet ihr hier inzwischen eine gigantische Seilhängebrücke, einen naturkundlichen Baumwipfelpfad und seit Neuestem auch eine Baumschwebebahn. Letztere durfte ich testen – bevor sie fürs Publikum geöffnet wurde! Ein bisschen mulmig war's mir doch … Das Video beweist es.
Der Harz selbst ist mit seinen vielen Tropfsteinhöhlen und Bergwerken schon ein Abenteuer. Nun kommt zu den vielen Hexen-Legenden noch ein echtes Hexenreich bei Rothesütte hinzu – mit einem extrem hohen Aussichtsturm in Form eines Hexenbesens. Manch einer begeistert sich für eine Fahrt mit der Sommerrodelbahn oder dem Monsterroller, andere schätzen die naturnahen Beobachtungsposten für Luchse und Wildkatzen. Und für Sport gibt es natürlich auch reichlich Gelegenheit: Wandern, radeln, Ski fahren, schwimmen, klettern oder Mini- und Swingolf stehen im Harz hoch im Kurs.
Seid Ihr neugierig geworden? Wollt Ihr auch sehen, was es alles im Harz zu entdecken gibt? Dann empfehle ich Euch meinen Reiseführer »Harz mit Kindern«, der jetzt schon in der 6. Auflage erscheint!
Also nichts wie los und den Besen gesattelt!
Kirsten Wagner
PS: Jetzt wollt Ihr aber auch noch wissen, wie der Ort Elend zu seinem Namen kam? Im 11. Jahrhundert waren Benediktiner-Mönche dorthin gekommen, in ein »fremdes Land« – auf Mittelhochdeutsch ali lanti. Daraus hat sich schließlich das Wort Elend entwickelt. Wenn man sich wo fremd fühlt, ist einem ja auch ganz elend …
Gewinnspiel
Wer uns ein Foto seiner eigenen Harz-Tour 2020 zusendet oder auf dem Grünen Band gewandert ist, erhält ein pmv-Postkartenset! Schickt uns dafür einfach ein Foto per E-Mail oder auf Facebook, Twitter oder Instagram. Gerne könnt Ihr uns auch unter Euren Bildern verlinken.
Im Harz gibt es so tolle Sachen zu entdecken – ich reise seit Jahrzehnten in den Harz und entdecke immer noch Neues!